JOLO-Kompass
5 Fragen und Antworten zur Aufsichtspflicht
Mit Beginn der Probenphase übernehmen Betreuer die Aufsichtspflicht über die minderjährigen TeilnehmerInnen und sind für diese voll verantwortlich. Doch wie viel Betreuung muss sein?
Was besagt das Gesetz?
Nach dem BGB sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, d. h. Minderjährige, aufsichtsbedürftig. Das „Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit“ regelt, wer als Kind (0-14 Jahre) bzw. als Jugendlicher (14-18 Jahre) gilt (§ 1 JÖSchG) und wer sich wie lange an öffentlichen Orte(n) wie Gaststätten, Kinos, öffentlichen „Tanzveranstaltungen“ und ähnlichem aufhalten darf: Jugendliche bis längstens 24 Uhr. Unter das Jugendschutzgesetz fällt auch ein Verbot des „Genusses“ und der Abgabe von Alkohol (§ 4 JÖSchG) sowie des Rauchens (§ 9 JÖSchG) für Jugendliche unter 18 Jahren an öffentlichen Orten.
Die Eltern (also die Personensorgeberechtigten) müssen der Betreuung durch den Gruppenleiter zustimmen, am besten durch ein Schriftdokument zwischen Träger und Sorgeberechtigten.
Wann gilt die Aufsichtspflicht als verletzt?
Das Thema Aufsichtspflicht beinhaltet, dass durch Beaufsichtigung Kinder und Jugendliche vor Gefahren und Schaden bewahrt wie daran gehindert werden sollen, andere (Dritte) zu schädigen. Die Erfüllung der Aufsichtspflicht erfordert eine vorsorgliche Belehrung und Warnung, ständige Überwachung und ein Eingreifen von Fall zu Fall.
Gesetzlich festgeschrieben ist der genaue Inhalt und Umfang der Aufsichtspflicht nicht. Versucht man es greifbar zu machen, so sollen Kinder und Jugendlichen prinzipiell „mit gesundem Menschenverstand“ beaufsichtigt werden. Betreuer können beispielsweise ihre Aufsichtspflicht verletzen, wenn ein Teilnehmer deshalb Schaden erleidet, weil bewusst keine Nachtruhe festgesetzt, bzw. eine solche nicht kontrolliert wurde und der Schaden nachweislich auf die Übermüdung oder Unausgeruhtheit des Teilnehmers zurückzuführen ist.
Was passiert, wenn ein Betreuer seine Aufsichtspflicht verletzt?
Folgende Verschuldungsgrade werden unterschieden:
- die leichte Fahrlässigkeit: Leicht fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
- die grobe Fahrlässigkeit: Diese liegt dann vor, wenn die aller einfachste und für jeden selbstverständlich erscheinende Sorgfalt außer Acht gelassen wird.
- der Vorsatz: Unter Vorsatz ist zu verstehen, wenn absichtlich oder wissentlich Schaden verursacht wird. Für den eigenen Vorsatz muss man immer haften.
Grundsätzlich kann, wenn ein unter Aufsichtspflicht stehender Teilnehmer eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, dies für den/die Jugendleiter auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Hier gilt es jedoch, die genauen Umstände zu klären, unter anderem ist fraglich, ob die Tat bei ausreichender Aufsicht hätte verhindert werden können.
Betreuer können sich für die „Verletzung der Aufsichtspflicht" in gewissem Maße versichern über eine gar nicht so teure Zusatzversicherung bei der Berufshaftpflicht (für Lehrer / Gruppenleiter). Diese greift allerdings natürlich nicht bei einer grob fahrlässigen Tat.
Gibt es eine Aufsichtspflicht in der Nacht?
Sind alle Kinder im Bett, so „ruht“ auch die Aufsichtspflicht. Von keinem Betreuer kann erwartet werden, 24 Stunden zur Verfügung zu stehen. Die bedeutet jedoch nicht, dass nachts die Aufsichtspflicht entfällt: Zumindest ein Betreuer muss auch nachts erreichbar sein und im Problemfall zur Verfügung stehen. Im Einzelfall kann auch die Einrichtung einer Nachtwache erforderlich werden.
Gibt es einen vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel?
Zu dem Betreuungsschlüssel auf Probenphasen gibt es, soweit wir wissen, keine rechtlichen Vorgaben. Dem Leiter eines Jugendorchesters sollte aber daran gelegen sein, immer genügend Helferinnen und Helfer einzusetzen, um sicherzustellen, dass dem Orchester nicht vorgeworfen wird, schon allein durch die schlechte Personalausstattung die Aufsichtspflicht verletzt zu haben.
Von uns befragte Orchester gehen von einem idealen Verhältnis 10 MusikerInnen : 1 BetreuerIn aus (bei jugendlichen MusikerInnen ab 14 Jahren). Je jünger die Musiker, desto mehr Betreuer sind notwendig. Eine Ergänzung: Empfehlenswert ist, dass für die Betreuung von Mädchen eine weibliche Begleitperson, bzw. für Jungs ein männlicher Betreuer mit dabei ist.
Bei einer ausgewiesenen „Jugendfreizeit“ sieht es anders aus: Hier sind grundsätzlich mehr Betreuer notwendig, da gefährliche Freizeitaktivitäten (Rallye etc) anstehen. Da bei Probenphasen jedoch nicht die Freizeitgestaltung das Ziel ist, sondern die Probenarbeit im Vordergrund steht, ist das Gefahrenpotential auf der Probenphase relativ gering.
Wo kann ich weitere Informationen zum Thema erhalten?
www.aufsichtspflicht.de
Literatur
Günter Mayer: Aufsichtspflicht, Haftung, Versicherung für Jugendgruppenleiter: Ratgeber für Jugendorganisationen und Eltern; Richtig handeln, wenn etwas passiert.
>>> Download: JOLO-Kompass: 5 Fragen und Antworten zur Aufsichtspflicht
Anke Steinbeck
Mitglied des JMD Präsidiums
Stand: Mai 2016
Diese grundsätzlichen Informationen geben wir aus unseren Erfahrungen im Orchestermanagement heraus als eine kollegiale Orientierunghilfe an Sie weiter. Für eine Einschätzung von konkreten Einzelfällen empfehlen wir, eine individuelle Beratung einzuholen.
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